Ein Abend im Carte Blanche, einem Restaurant im Frankfurter Nordend.
Das Konzept besteht aus einem Wocheneinkauf, aus dessen Zutaten ein Menü aus drei bis sieben Gängen kreiert wird.
Die Gäste können bestimmte Zutaten sozusagen „abwählen“, je nach persönlichen Antipathien, aber die genauen Gerichte bleiben eine Überraschung.
Eine „Carte blanche“ als Menu hatte ich schon mal gesehen, allerdings immer mit der Möglichkeit stattdessen auch à la carte zu wählen, hier gibt es jedoch nur das Menu.
Dieses war die Einkaufsliste:
französische Maispoularde / Lauch / Meerestraube /
Trauben / Atlantik Kabeljau / gelbe Beete / Lardo /
Wildfang Garnele / grüne Mango / Silberohr / Tomate /
Fregola Sarda / Pazifik Jakobsmuschel / Haselnuss /
Simmenthaler dry aged Rind / Blauschimmelkäse /
Ananas / Kokos / Basilikum / Mirabelle
Wir fanden alle Zutaten gut, und entschieden uns also für zwei 5-Gänge-Menüs mit Weinbegleitung, je 68 plus 35 Euro.
Nach dem sehr schmackhaften Gruß aus der Küche kam der erste Gang, die Maispoularde mit Meertrauben, gebratenem Lauch und karamellisierten Zwiebeln. Meertrauben haben trotz des Namens und des Aussehens nichts mit Algen oder dergleichen zu tun, sondern sind ein Knöterichgewächs und schmecken leicht säuerlich. Die Poularde war auf den Punkt zubereitet und mit Kapuzinerkresse und ein paar gebratenen Maiskörnern vom Kolben angerichtet, insgesamt ein stimmiger und fein abgeschmeckter Auftakt.
Der dazu servierte Wein war ein Cantayano Verdejo 2016 von Isaac Cantalapiedr, eine reinsortige Cuvée aus verschiedenen Lagen, deren Rebstöcke 20 bis 30 Jahre alt sind. Perfekte Kombination zum Gang, Grapefruit, Maracuja und trotzdem kräuterig herb, für mich der Gewinner des Abends.
Danach ein Kabeljaufilet mit Gelbe Bete-Würfeln, einer Sauce mit Apfel, Traube und Senf, obenauf eine Scheibe zartschmelzender Lardo.
Mit einem Veltliner vom Weinberghof Fritsch aus Wagram fühlte sich der Fisch und auch ich sehr wohl.
Als dritten Gang die Riesengarnele mit dem Silberohr, einem asiatischem Pilz, der aussieht wie gehobelte Tete de Moine-Schnipsel. Da hatte ich wenig erwartet, der Pilz schmeckte mir aber sehr gut. Die Riesengarnele war ausgezeichnet gebraten und von so guter Qualität, dass die Grünes Curry-Mangosauce etwas in den Hintergrund geriet.
Ein Sauvignon blanc 2017 vom Weingut Klein aus der Pfalz mundete auch gar köstlich dazu.
Noch ein Fischgang: Jakobsmuschel auf geschmorten Kirschtomaten mit geräucherter Fregola und Hummerschaum.
Fregola ist sozusagen eine runde Mininudel und eignet sich gut für Salate. Tomate mag sie auch.
Jakobsmuschel wie nicht anders erwartet perfekt, Fisch und Meeresfrüchte beherrscht die Küche souverän.
Und ein Weißburgunder von Gunderloch aus Rheinhessen.
Auf Dessert hatten wir verzichtet, also erschien als fünfter Gang das Fleischgericht, ein zartes Stück Rind, vermutlich sousvide gegart und danach rösch angebraten, eine Edelschimmelkäsecreme und eine Speckcreme, gebratener Pak Choi plus ein paar Röstkartoffeln. Das war sehr würzig, mir hätte wahrscheinlich nur eine Creme gereicht.
Der servierte Perciso (nein, nicht Persico!) Lambrusco 2011 war zwar vollmundig und ging bei den kräftigen Aromen des Rindfleisches und vor allen der Cremes nicht unter, war mir jedoch einen Tick zu sehr gealtert, da hatte ich schon interessanteren Lambrusco.
Alles in allem aber ein super Abend, das Konzept des Wocheneinkaufs mit Überraschungsmenü ist pfiffig, und dabei auch noch gut für den betriebswirtschaftlichen Aspekt des Restaurants (produziert wenig Reste, dadurch relativ geringer Wareneinsatz). Kann natürlich auch schnell zu einem verkünstelten Brimborium mit ach so exotischen Zutaten werden, aber Sebastian Ziese und sein Souschef Dennis Eisenmann haben hier voll gepunktet. Ein bisschen vertrautes, ein paar „experimentelle“ Zutaten haben sich zu einem gelungen Menü verbunden. Man merkt die Freude am kochen und den Spaß in der Küche.
Ein übriges trug die entspannte, aber aufmerksame Art des zweiten Restaurantleiters Ralf Kloess dazu bei, der uns kompetent durch den Abend begleitete.
Weiter so!