Steffen Henssler hat eine neue Sushi to-go Linie lanciert, die man sich in einigen deutschen Großstädten und deren Umland abholen kann, darunter auch in und um Frankfurt.
Ich bekenne freimütig, kein großer Fan von Hensslers Fernsehauftritten zu sein, aber eine der ersten Adressen, die beliefert wurden war der örtliche Weinladen, also dann!
Bestellt wurde die Fancy Box mit, von links nach rechts, dreimal Crispy Tuna Tatar, achtmal Rocket Roll, achtmal Ultra Roll und einem Sashimi Tuna Teriyaki, für 55 Euro.
Und eine Flasche Fukuyu Yuzu Sake-Likör.
Die Bestellung erschien in einer eleganten schwarzen Schachtel, darin sehr einfache Holzstäbchen und etwas billig wirkende Servietten aus der Spenderbox.
Auch war keine Beschreibung der Sushi beiliegend, für mehr Informationen musste man im Internet nachschauen.
Um es Herrn Henssler nicht zu einfach zu machen, sollte er gegen Supermarktrollen antreten, nämlich von Edeka bzw. EatHappy.
Ebenfalls Rocket Rolls: Thunfisch mit Rucola, Avocado und Frischkäse, und „Rainbow Mango“ mit Lachs und Avocado, je 8 Stück für 6,95 bzw. 7,65 Euro.
Der Yuzu-Sake-Likör wurde leider nicht mitgeliefert, doch glücklicherweise befand sich noch eine kleine Flasche Junmai Daiginjo Sake aus einer Bestellung bei Frau Ueno-Müller im heimischen Barschrank.
Der Crispy Tuna Tatar von Henssler war mit orangenem Fischlaich dekoriert, dazu Frühlingszwiebelgrün, frittierter Reis und Mayo.
Mayo? Ja, Steffen Hensslers Spezialität sind nun mal die üppigen California-Rolls, und obwohl sich mir die Verwendung von Mayo bei Sushi nicht erschließt, war dies sehr stimmig abgeschmeckt.
Die Rocket Roll bestand aus geflämmtem Lachs, obendrauf Sesam mit Wasabi, roter Bete mit Alge umwickelt und etwas säuerlich-frisches, vielleicht Yuzu oder Limette?
Würzig, scharf, Röstaromen, Zitrus und durch die Bete etwas erdiges, gut.
In der Ultra Roll befand sich eine panierte Garnele, saftig und nicht trocken, mit Mayonnaise, Avocado, obendrauf in Essig eingelegte Zwiebelchen.
Zu guter Letzt das Sashimi Tuna Teriyaki, der Fisch von einer umwerfenden Qualität.
Die Teriyaki-Sauce hausgemacht und sehr gehaltvoll, das hätte als Umami-Komponente mehr als gelangt, zusammen mit der (wieder mal) Mayo für meinen Geschmack dann doch etwas zu viel des Guten.
Dank des hervorragenden Ausgangsproduktes und einer fein abgeschmeckten Schärfe hat das Sashimi insgesamt jedoch überzeugt.
Noch ein paar Worte zum Sake: Ein Junmai Daiginjo „Rhododendron“ von Amabuki, 16 Euro für 180ml.
Reif und blumig, zarte Anklänge von Honigmelone, ein wenig Marzipan,
hinten über die Zunge rollend fühlt man einen Sommerregen im Weizenfeld (bzw. Reisfeld), und vor dem geistigen Auge erscheint van Goghs Mandelblüte…
Vielleicht werde ich tatsächlich noch ein Fan von Sake.
Weil die Flasche aber doch arg klein war, durfte noch ein restsüßer Riesling von der Mosel seine Fähigkeit zum Sushi-Pairing beweisen, was er ganz hinreißend getan hat. Eine Trittenheimer Apotheke von Eva Clüsserath mit zarten 8% Alkohol, verspielt und bezaubernd, einer eleganten Mineralität, süß aber niemals klebrig.
Ach ja, die Supermarktrollen! Fairerweise muss man den Preisunterschied erwähnen, aber in puncto Geschmack und Qualität hatte Hensslers Lieferung die Nase vorn. Um Längen.
Inzwischen ist die Außen- und teilweise die Innengastronomie wieder geöffnet, vor Kurzem aber war es an der Zeit, nach intensiver Unterstützung der örtlichen Restaurants und Pizzerien, sich etwas Besonderes zu gönnen. Zahlreiche Spitzenrestaurants haben während des Lockdowns kreative Ideen gehabt und komplette Menüs zur Selbstabholung oder zum Verschicken angeboten.
Einer der ersten unter ihnen war Tim Raue, früher manchmal etwas ruppig in der Küche, sagen wir wie Klaus Kinski bei den Dreharbeiten zu Fitzcarraldo, mittlerweile aber ein erfahrener Medienprofi.
Sein zum Versand angebotenes Menü nennt er Fuh Kin Great und spielt sowohl im Namen, als auch in den Gerichten mit den asiatischen Einflüssen, für die er bekannt ist.
Dieses Menü war von der sogenannten Nikkei-Küche inspiriert, entstanden aus den kulinarischen Einflüssen Japans und Perus. Die ersten japanischen Einwanderer kamen 1899 nach Peru und heute befindet sich dort die zweitgrößte japanischstämmige Bevölkerungsgruppe in Südamerika. Mit Alberto Fujimoro wurde ein Kind dieser Gruppe, ein sogenannter nisei, Staatspräsident Perus, worauf man sehr Stolz war. Das schwächte sich allerdings nach der desaströsen Amtszeit Fujimoros, von Korruptionsskandalen überschattet, merklich ab.
Die Dorade war roh, als Sashimi, nur leicht angeflämmt.
Dazu eine Sauce aus Basilikum, Limette und Sojasauce, ein Topinambur-Püree und ein herrlich frisches Limettengel.
Die Ceviche von den rohen Garnelen köstlich, nur durch die Säure der Passionsfrucht gegart, dazu Mangostückchen, süßlich eingelegte rote Zwiebeln und ein überraschend gut harmonierendes Karottenpüree.
Spanferkel Barbacoa, Mais Relish,Süßkartoffel & Koriander Crème fraîche
Ok, zum dritten Mal Püree, liegt an der einfachen Regenerierung im Wasserbad, der Gedanke an Babykost blieb aber in weiter Ferne. Mariniertes Spanferkel butterzart, gegart in Bananenblättern, mit einer dunklen, ausgezeichneten Barbecuesauce – hervorragend!
Zum Abschluss Dulce de Leche, Papaya und Joghurt – beschrieben als „Kalorienbombe aus der Zuckerhölle“.
War aber gar nicht so schlimm, sondern ein sehr gutes Dessert, das gefrorene Joghurt-Granitè brachte die nötige Frische mit.
Wie zwar nicht anders zu erwarten von Tim Raue, und dennoch bemerkenswert, denn daran sind schon einige Kollegen von ihm gescheitert, waren die Gerichte gut verständlich erklärt und einfach zu erwärmen (genau betrachtet wurden drei Gänge kalt serviert).
Ebenfalls sehr präzise waren die Hinweise zum Anrichten.
Dazu gab es optional eine Weinbegleitung, in handlichen Flaschen zu je 0,1 Liter, zusammengestellt von Weltklasse-Sommelier André Macionga, der mir ja schon bei meinem Besuch 2018 sehr positiv aufgefallen war. Und auch diesmal enttäuschte seine Auswahl nicht: ein grüner Veltliner von C.Strobl aus Wagram, seine eigene Cuvée Nr.7 (Silvaner, Weissburgunder, Müller-Thurgau), zusammen mit Horst Sauer aus Franken produziert, ein Côtes-du-Rhône vom Château St. Cosme und ein Süßwein ohne Botritis, der Jurançon Clos Uroulat der Domaine Charles Hours.
Leider ein Haufen Verpackung, am besten selber recyceln. In der Styroporkiste überwintert der Oleander, die Kühlbeutel dürfen mit zum nächsten Picknick.
Der Schlachthof Wiesbaden ist ein Kulturzentrum mit diversen Veranstaltungen, von Konzerten über Disco zu Poetry-Slam. Die Hofköche sind ein dort ansässiger Cateringbetrieb, der normalerweise die Verpflegung für die Bands übernimmt, außerdem Buffets für Messen, Events und Geburtstagsfeiern liefert. Und einmal im Monat (seit 2002!) im Veranstaltungsraum, dem Sudhaus, zu einem Überraschungsmenü einlädt, genannt Milde Sorte.
Nachdem dieses Geschäft nun seit einem Jahr komplett weggebrochen ist, was macht ein schlauer Caterer da?
Essen zum Abholen!
Im Sommer und Herbst fing es an mit dem sogenannten Ausnahmezustandsbuffet, anfangs gedacht um wenigstens ein paar Mitarbeiter etwas zu beschäftigen. Dieses Konzept entwickelte sich aber zu einem großen Erfolg, und so entstanden weitere kreative Ideen.
Was fehlt uns am meisten in der aktuellen Situation, abgesehen von der Möglichkeit ein Restaurant zu besuchen?
Reisen! Um das schlimmste Fernweh zu bekämpfen entstand die Idee einer virtuellen Kreuzfahrt mit verschiedenen Reisezielen. Dazu hat Christoph Holderrieth, der Geschäftsführer der Hofköche, auch noch ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm organisiert.
Auch das Ausnahmezustandsbuffet wurde schon von einer Videokonferenz begleitet, was anfangs zu unterhaltsamen Situationen führen konnte. Über 30 fröhliche Leute, die zum ersten Mal ihren Laptop in der Küche oder im Wohnzimmer aufbauen um ein virtuelles Meeting abzuhalten und munter drauflos schnatterten: „Ist das Mikro eigentlich an?“ – „Wofür ist dieser Button hier?“.
Zur kulinarischen Kreuzfahrt wurde diesmal eine Videoübertragung mit Moderation angeboten, mit der Möglichkeit sich über einen Chat mit einzubringen. Zugeschaltet wurden auch verschiedene Gastmoderatoren respektive Ortsansässigen, bei der letzten Veranstaltung zum Beispiel der ehemalige ZDF-Börsenreporter Reinhard Schlieker, der sich im Ruhestand auf Curacao niedergelassen hat. Mit wehenden Palmen vor türkisem Meer im Hintergrund.
Bei der ersten Tour hatten wir nur eine Station gebucht, eben die Karibik, bei dieser Kreuzfahrt nahmen wir an der gesamten Reise teil, insgesamt fünf Ziele an fünf Abenden.
Ein Bordpianist war auch mit dabei, Uwe Oberg, der zwischen den einzelnen Gängen und der Moderation live aus einem kleinen Filmstudio des Murnau-Filmtheaters zugeschaltet war.
Das erste Reiseziel am ersten Abend war Finnland. Hier nach dem Auspacken:
Die ungewöhnlichste Speise: Kalakukko. Ein mit Fisch (hier Sardine) und Speck gefülltes/gebackenes Brot. Daran durfte sich Juan Amador in einer Folge von Kitchen Impossible schon einmal versuchen, damals von der kritischen Foodblogger-Jury abgestraft.
Uns aber hat es gefallen, ich denke dieses Nationalgericht war ursprünglich als transportfähiger Energielieferant für die harte Arbeit als Fischer oder in den Wäldern Finnlands gedacht.
Dazu noch ein Elchragout und würzige Rentierwurst, Fleischbällchen mit Mixed-Pickles-Gel, Lachssuppe, Waldpilzsalat und einem finnischen Kartoffelsalat.
Eine wohlschmeckende Überraschung für mich, konnte mir unter finnischem Essen bis dahin nicht viel vorstellen. Aber Elch nehme ich jederzeit wieder. Werden die gejagt? Wo bekommt man das hier? Roadkill?
Am zweiten Abend ging es in den Irak, was zwar kein klassisches Kreuzfahrtziel ist, aber durch den aus dem Irak stammenden Auszubildenden Swel sehr authentische Gerichte präsentiert wurden.
Swel hat gleichzeitig in einem Interview Einblicke in seine Heimat und die irakische Küche gegeben.
So gab es zum Beispiel Madguga (Dattelbällchen mit Birne), oder Erok (Kartoffelbratlinge mit einem Chili-Korianderdip), Lamm mit Biryani und Tarchina (Bulgur mit Joghurt, getrocknet) und noch einige andere Häppchen, sehr lecker auch die in Sesam gewälzten Falafel.
Das Thema des dritten Abends hieß Kimchi, Bulgogi und Kim Il Jung. Die Reise führte nach Korea, und zwar explizit Nord und Süd, denn diesmal per Videoschaltung dabei war ein Veranstalter, der eine der wenigen Pauschalreisen in den kommunistischen Staat organisiert.
Zu essen gab es neben dem oben erwähnten (außer Kim-Il Jung) Gimbap (koreanisches Sushi), Tteobokikki (Reiskuchen), Bibimbap (superschmackhaftes koreanisches Reis-Reste-Verwertungsgericht, das hier demnächst als Rezept auftauchen wird), Jjajngmyeon (Nudeln in schwarzer Bohnenpaste, und Banchan (viele kleine Beilagen).
Das vierte Ziel war Namibia, moderiert von Christoph Holderrieths Tochter Ida, die dort ihr Soziales Jahr verbrachte.
Zum Menü gehörten unter anderem Biltong (luftgetrocknetes Rindfleisch), knuspriger Schweinebauch, gewürzt mit direkt importierter Capana-Gewürzmischung vom lokalen Markt.
Live zugeschaltet war ein namibischer Koch aus Windhuk, der von seinem Arbeitsalltag vor und während Corona erzählte. Später noch ein Interview mit einem deutschen Farmbesitzer, der auf seiner Lodge (normalerweise) Zimmer an Touristen vermietet.
Am letzten Abend einer Kreuzfahrt findet traditionell das Captain’s Dinner statt, und so war es auch hier.
Begleitet von einem waschechten Kapitän, Kapitän i.R. Claus-Holger Baumert, der nach 44 Jahren zur See auf großen Containerschiffen so einiges Seemannsgarn zu spinnen wusste, und viele interessante Einblicke in die Welt der Hochseeschifffahrt gab.
Er war auch bei der ersten kulinarischen Kreuzfahrt schon mit an Bord und hat die Passagiere mit seinen Geschichten gefesselt.
Zum Beispiel über die Schwierigkeiten der medizinischen Versorgung mitten auf dem Ozean, außerhalb der Reichweite jedes Notfallhubschraubers.
Sehr amüsant auch die Einblicke in die Passage des Suezkanals, wo als Schmiermittel für eine reibungslose Durchfahrt zwingend eine Flasche Wodka und ein paar Stangen Zigaretten an die Kanalkommandatur mitzubringen sind.
Alkohol in einem islamischen Staat? Nun, Kapitän Baumert bejahte dieses auf Nachfrage entschieden. Na, schließlich ist das Wort ja auch arabischen Ursprungs (al-kuhul).
Die Teilnehmer dieses Abends wussten daher wenige Tage später sofort, was schiefgelaufen war bei der Passage des Schiffes „Ever Given“, das im Suezkanal havarierte. Da hatte wohl jemand keinen, oder schlechten Wodka offeriert.
Der Preis pro Person pro Abend betrug 38 Euro, das Captain’s Dinner je 48 Euro, alles einzeln oder im Paket buchbar.
Ursprünglich zur Selbstabholung oder zur Lieferung im Wiesbadener Stadtgebiet geplant. Nachdem zufriedene Teilnehmer aber ihre Berliner Freunde von der Mitreise überzeugten, gibt es inzwischen auch bundesweite Lieferung mit DHL.
Leinen los heißt es wieder ab dem 20.5., die Reiseziele sind diesmal Russland, Libanon, Südafrika, und die Philippinen.
Am letzten Abend (und damit auch dem letzten Abend vor dem Beginn des Lockdowns, der damals, Anfang November, noch auf 4 Wochen angesetzt war…) unseres Besuches in Mannheim ging es in das Restaurant Emma Wolf since 1920. So lange gibt es das Restaurant noch nicht, eine Anspielung auf das Geburtsdatum der namensgebenden Großmutter von Koch Dennis Maier.
Nach diversen Stationen, unter anderem bei Juan Amador, eröffnete er 2016 sein eigenes Restaurant. Maier betreibt zusammen mit einem Partner noch weitere gastronomische Projekte in Mannheim, doch Emma Wolf ist sein Vorzeigeobjekt.
Das Restaurant ist seit 2017 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet. Die Lage ist recht ungewöhnlich, es befindet sich im Untergeschoss des Einkaufszentrums Q6 Q7, zwischen Drogeriemarkt, Nagelstudio und Fast-Food-Imbissen. Einer davon, „Die Küche Q6Q7“ und der Delikatessenladen gegenüber, „Schnaps und Liebe“, gehören mit zum Imperium.
Innen klare Linien, hell und aufgeräumt, aber nicht ungemütlich. Nur wenige Sitzplätze, der Gastraum ist nicht viel größer als die offene Küche. Ein modernes „Bistronomy“-Konzept, Sterneküche ohne Angst vor Flecken auf weißen Tischdecken.
Wir bestellten ein 5-Gang-Menü und ein vegetarisches Menü, auch mit 5 Gängen. Vegetarisch übrigens nicht aus Überzeugung, sondern weil die Gerichte sehr vielversprechend klangen.
Der Gruß aus der Küche, nach Brot und Butter, eine Wasabi-Crème mit Kokosraspeln, Romanasalat, Enokipilzen, Noristaub (die Algen, mit denen die Maki-Sushi eingerollt werden) und gepuffter Weizen.
Der erste vegetarische Gang eine Zwiebel auf geräuchertem Kartoffelnest und Kamillepulver.
Die freundliche Sommelière servierte dazu, in edlen Gabriel-Gläsern, als Beginn der Weinbegleitung, einen sehr guten Viognier.
Das sei hier schon einmal vorweggenommen: Die Weinbegleitung war ausgezeichnet und, wie sich später herausstellen sollte, geradezu unglaublich preiswert!
Und Herz- und Stabmuscheln auf mariniertem Fenchel, mit einem Jalapeno-Gel, dazu ein Auxerrois.
Ein Gang des vegetarischen Menüs wurde unkompliziert ausgetauscht, daher zweimal der dampfgegarte Ora King Lachs mit einer Meerrettichscheibe, geriebenem Meerrettich, einer Apfel-Beurre blanc und einem Klecks Imperial-Kaviar.
Hier jedoch war die Produktqualität über jeden Zweifel erhaben, und natürlich auf den Punkt gegart.
Dazu einen hervorragenden Riesling Große Lage von Peter Jakob Kühn (Kleine Randnotiz: Eine Flasche dieses Weines kostet ab Weingut etwa soviel wie unsere Weinbegleitung).
Der dritte Gang, eine Taube mit Rote Bete und einer Foie gras von der Ente, mit vier verschiedenen Saucen. Und Hanfsamen.
Die Taube war butterzart und köstlich, Foie gras perfekt, die Saucen klassisch und exzellent, auch wenn zwei vielleicht gelangt hätten. Nur die Hanfsamen wären in einer Pfeife besser aufgehoben gewesen.
Dazu ein prächtiger Spätburgunder vom Pfälzer Weingut Münzberg.
Und dann kommt da Blumenkohl.
Ein Couscous aus rohem Blumenkohl, ein Blumenkohleis (!), Blumenkohlschaum, gerösteter Blumenkohl mit Belugalinsen und gehobelter Belper Knolle (ein quasi dehydrierter Käse aus der Schweiz, den man wie Parmesan verwenden kann).
Von gegenüber kamen die ersten entzückten Ausrufe ob der Delikatesse der vegetarischen Kompositionen.
Nochmal der Riesling von Kühn, was nun wirklich nicht schlimm war…
Auf dem Niveau ging es weiter, mit geräucherten Beten, Kürbis, Trüffel und unglaublich leckeren Zitronenseitlingen.
Serviert mit einem Macon Chardonnay Les Crays von den Bret Brothers, ausgebaut im großen Fass, dezentes Holz, aber nicht zu viel, so geht weißer Burgunder!
Mein Onglet mit eingelegtem Chicorée, Zwiebel und geräuchertem Kartoffelpüree, ähnlich der Zubereitung im ersten Gang, und einer üppigen Schicht Trüffel, brauchte sich aber nicht hinter dem vegetarischen Teller zu verstecken.
Moment, Trüffel?
Standen doch gar nicht auf der Karte?
Stimmt, aber weil die Küche vor Kurzem noch eine größere Portion eingekauft hatte, das Restaurant aber ja nun am nächsten Tag für den Lockdown schließen musste, gab es die Trüffel netterweise als Extra.
Dazu ein 2011er Granato von Foradori, wieder so ein Wein, der eigentlich flaschenweise verkauft wird, und nicht als Weinbegleitung, da musste ich doch etwas blinzeln. Und kein bisschen zu alt, sondern genau richtig.
Zu guter Letzt zwei verschiedene Desserts, einmal Amaranth, Kokos, Orange und weiße Schokolade, und ein Dessert mit einer Buttermilch als Creme und als Parfait, zart wie eine Wolke, dazu ein Zitronenschaum.
Beides begleitet von Champagner Georges Laval, demi-sec.
Mussten die Weine auch raus? Wie die Trüffel? Nun, ich habe mich nicht beschwert.
Hervorragende Küche, eine vegetarische Offenbarung, perfekter Service und tolle Weine.
Apropos Service, eine Mitarbeiterin deckte gen späten Abend die Tische noch einmal ein. Auf die Frage warum, morgen sei doch für einen Monat geschlossen, antwortete sie:
„Damit es nicht so traurig aussieht.“
Phantomschmerz…
Das 5-Gang-Menü zu 115 Euro, das vegetarische Menü für 85 Euro, Weinbegleitung je 45 Euro.
Nachtrag: Hier hat mich die traurige Realität leider ein-, ja überholt. Dennis Maier hat sich entschlossen Emma Wolf nicht wieder zu öffnen. Damit bleibt dies der wahrhaftig allerletzte Eindruck aus dem Restaurant, und der Tisch wurde endgültig abgedeckt. Eine kleine Hoffnung regt sich jedoch bei mir, dass dieses Talent sich nicht in seinem Zweitlokal versteckt, sondern irgendwann wieder auf der „großen Bühne“ erscheint.
„In Mannheim weint man zweimal: Einmal, wenn man kommt, und einmal, wenn man geht.“ (Chris Cosmo)
Am letzten Wochenende vor dem Lockdown, Ende Oktober, ging es nach Mannheim.
Eine ideale Planstadt des Barock, aufgeteilt in die berühmten Quadrate.
Berüchtigt für seinen Dialekt, früher von Joy Fleming gesungen, heute übernimmt die Idiomerhaltung Bülent Ceylan.
Ein wahrer Melting Pot, die Bewohner stammen aus 166 der 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen, da kann sich New York warm anziehen.
Was wurde hier nicht alles erfunden, Carl Benz erfand das Automobil, Karl von Drais das Fahrrad, und Dario Fontanella das Spaghetti-Eis.
In Mannheim hat nun tatsächlich der Zweite Weltkrieg die größten baulichen Schäden verursacht, und nicht, wie in manch anderer Stadt der Bundesrepublik, die Städteplaner der Fünfziger- und Sechzigerjahre.
Nur, wie wurde es wieder aufgebaut?
Sagen wir es so: Meine Lust am Brutalismus wurde befriedigt.
Ja, natürlich gibt es da noch das Barockschloss, das war aber schon in Corona-Starre und geschlossen.
Oben auf dem Bild das Collini-Center. Der verhüllte Büroturm rechts wird demnächst abgerissen, mit ihm ein herrliches Siebziger-Interieur der „Galerie“, einer Einkaufspassage.
Auf der gegenüberliegenden Seite des Neckars die NUB, die Neckaruferbebauung Nord.
Von den geplanten vier Türmen wurden nur drei gebaut, nur dadurch entging die Alte Feuerwache dem Abriss. 1980 doch wahrhaftig mit dem Preis des Bundes Deutscher Architekten im Wettbewerb „Wohnen in städtebaulicher Verdichtung“ ausgezeichnet.
Abends in den Familienbetrieb, eine nette studentische Gaststätte, die Wert auf die Herkunft ihrer Fleischprodukte legt, aber auch vegetarische und vegane Gerichte anbietet, inklusive einer veganen Mayonnaise (brrr!).
Für mich bitte eine sehr leckere Gulaschsuppe und einen ebenfalls sehr guten Hamburger, ohne Mayo.
Kein Barbesuch wegen Sperrstunde…
Auch aus der Hotelbar wurden wir dann pünktlich um 23 Uhr rausgekehrt, und haben den Abend mit zwei Gläsern Crémant auf dem Zimmer ausklingen lassen.
Am nächsten Morgen zum Frühstück in Die Metzgerei, Weinbar, Bistro und Frühstückscafè.
Was haben sich die Gastronomen für eine Mühe gemacht, die Anzahl der Tische verringert, Plexisglaswände zwischen die verbliebenen gestellt, Desinfektionspender überall. Wie wir heute wissen leider nutzlos (Die Metzgerei bietet Essen zum Mitnehmen an).
Die auf Etageren servierten Frühstücke sind thematisch aufgebaut, vom „Strandfeeling auf Helgoland“ mit Lachs und Garnelen, bis zur „Freiheitsstatue in New York“ (Pancakes).
Die Wahl fiel auf Schiefer Turm und Eiffelturm.
Frisch gestärkt ein Besuch des Wochenmarktes auf dem Marktplatz, viele Stände mit Erzeugern.
Diese nette Dame verkaufte uneingelegte Oliven, etwas bitter, aber sehr schmackhaft. Und gab uns noch einen prima Tipp zur Zubereitung dazu.
Später dann, auf dem Weg zu zwei Vintagemöbel Läden, ein Fundstück aus dem Skurrilitätenkabinett:
Die Corona-Bar, eine griechische Kneipe mit, sagen wir einer gewissen Bodenständigkeit.
Wenn deine Bierbestellung der jungen Bedienung von anderen Gästen übersetzt werden muss, fühlt es sich fast wie Urlaub im Ausland an!
Der erste Möbelladen war Conny Kern in der Laurentiusstraße.
Conny legt den Schwerpunkt auf Möbel aus den Sechzigern und Siebzigern, viele schöne Lampen, und ihr Partner hat eine große Sammlung an Hifi-Geräten aus dieser Zeit angehäuft, inklusive Reparaturservice.
Der Fröhlichladen in der Fröhlichstraße bietet einen etwas umfassenderen Stilmix in einem alten Backsteingebäude mit hübschem Hof.
Normalerweise ist in solchen Etablissements die Ehefrau für das Geldausgeben zuständig, dieses Mal ist jedoch mir ein Objekt aufgefallen, das nicht dort bleiben durfte.
Eine Werkbank/Arbeitstisch aus Frankreich, der, nachdem er jahrzehntelang von einer Brombeerhecke überwuchert wurde, nun die richtige Patina hat.
Ab dem Frühling wird er bestimmt öfter als Fotountergrund auftauchen – ohne Hipsterdeko.
Noch so ein Relikt aus der Vergangenheit: Das Café Mohrenköpfle. Karottenkuchen, Sahnetorten und Mannemer Dreck (ein Makronengebäck mit Marzipan).
Auch sie blieben nicht von der Sprachpolizei verschont, mit der sich so manche Mohrenapotheke in Deutschland inzwischen herumschlagen muss. Oder der Mainzer Dachdecker Thomas Neger, Enkel der Karnevalslegende Ernst Neger, des „singenden Dachdeckers“.
Das Kulturzentrum Capitol, ein paar Schritte entfernt vom Mohrenköpfle, hat seine alte Sarotti-Mohr-Werbung inzwischen im Christo-Stil umhüllt.
Zum Abendessen in das Restaurant Emma Wolf, dem heimlichen Ziel der Reise, dazu ein eigener Artikel.
Abschließend kann man sagen, schön war’s. Mannheim präsentierte sich, nun, etwas ungeschliffen und rau, aber sehr charmant.
Und wie ist das nun mit dem Dialekt? Hier eine Kostprobe, diesmal nicht gesprochen von Bülent, sondern von der Mannheimer Boxlegende Charly Graf, genannt „Ali von Waldhof“.
In dieser Trouvaille aus den Siebzigern außerdem anschauliche Beispiele für beileibe nicht verschwunden Alltagsrassismus (auch ohne Mohr). Drehort waren übrigens die im prekären Fernsehen wieder topaktuellen Benz-Baracken.
Restaurantbesuchs-Berichte aus der Vergangenheit? Ja. Erstens brauche ich immer sehr lange, zweitens wollte ich mir diesen zum wieder schmackhaft machen aufheben, wenn die Restaurants wieder öffnen dürfen. Doch das kann noch dauern.
Weiter also auf der Mission zur Rettung der Gastronomie: Mitte Oktober ging es in das Restaurant Steins Traube in Mainz-Finthen.
Finthen? Im Frühling berühmt für seinen Spargel, danach steht der Ortsteil eher nicht im Mittelpunkt des Weltgeschehens.
Doch da ist ja noch die Traube, Philipp Stein führt hier einen alteingesessenen Familienbetrieb in jetzt sechster Generation, aus der ursprünglichen Dorfschänke wurde in den Siebzigern eine Gaststätte mit gutbürgerlicher Küche, danach übernahm Vater Peter, der unter anderem im Tantris und in der Ente vom Lehel unter Hans-Peter Wodarz gekocht hatte, und etablierte eine französisch inspirierte Küche.
Sein Sohn Philipp Stein erhielt als Koch im Mainzer Favorite Parkhotel 2014 einen Michelin-Stern, damals der jüngste Sternekoch Deutschlands mit nur 24 Jahren. 2019 übernahm er den elterlichen Betrieb.
Gelegentlich tritt er in der Fernsehsendung ARD-Buffet auf, dieses Format habe ich allerdings noch nie gesehen.
Der Gastraum hell und geschmackvoll renoviert, hübsches Logo mit Weintrauben und den Initialen der Inhaber, ein freundliches Team rund um die Ehefrau Alina Stein im Service.
Ich bestellte à la carte, für das Geburtstagskind gab es das Menü Tradition, drei Gänge für 75 Euro. Und ein Glas Champagner.
Nach dem köstlichen Brot als Appetizer ein gebackener Curry-Garnelencroustillant im Kataifiteig (pro Stück 2,50). Kataifiteig, auch Engelshaar genannt sind diese hauchdünnen Teigfäden, die man von griechischem bzw. orientalischem zuckersüßem Gebäck kennt. Hier in Verbindung mit der saftigen Garnele ein knuspriger Beginn.
Im Hintergrund der Zettel zur Erfassung der Kontaktdaten – wie gerne würden wir diese wieder ausfüllen…
Nun eine Hummerschaumsuppe, mit Cognac, Tomate, Croutons und Garnelenwürfeln (13,-).
Sehr klassisch französische Bisque, kräftig und intensiv, genau wie ich sie haben wollte.
Im Menü derweil marinierte Kabeljaulamellen mit Joghurt, Granatapfelkernen, Limette und Getreidechips auf einem Fenchelsalat. Fisch butterzart, die Sauce herrlich erfrischend und leicht.
Zweiter Gang im Menü nun die Suppe, eine Schaumsuppe vom Butternutkürbis mit getrockneter Orange, Kernöl und Stücken vom eingelegten Kürbis. Für gewöhnlich meide ich Kürbissuppen, denn im Herbst kann man sich ihnen auf deutschen Speisekarten kaum entziehen, aber diese ließ meine Vorurteile verstummen.
Für mich gebratene Jakobsmuscheln mit Blumenkohl, einer Bergamotten-Beurre blanc und Mandeln (24,-).
Fan-tas-tisch!
Da war er, der beste Gang des Abends, dieser Moment des Erstaunens, die Verzückung ob des Geschmacks dieser relativ simplen Zutaten. Der Grund, warum man in ein gutes Restaurant geht.
Jakobsmuscheln und Blumenkohl, dessen Röschen hier in ihre einzelnen Stängel zerteilt wurden, sind eine bekannte und gut funktionierende Kombination, und auch eine Beurre blanc wird, sehr klassisch französisch, gerne dazu gereicht. Das ungewöhnliche Zitrusaroma des Bergamotte-Öls erhebt diese Gericht jedoch auf eine beglückende Art. Präzise abgeschmeckt, hier schlägt die Erfahrung des Chefs voll durch.
Eigentlich könnte jeder Fleischgang danach einpacken, die gebratene Lammnuss mit einer Parmesanschnitte, auf einer Caponata und einem Kräuterjus (29,-) tat dies aber beileibe nicht. Hervorragende Fleischqualität und eine ganz ausgezeichnete Sauce.
Im Menü als Hauptgang ein Steinbeisserfilet mit einem Spinatrisotto, Tomaten-Pinienkern-Kompott, Parmesan und Trüffelschaum. Der Fisch, wie nicht anders erwartet, perfekt gegart, das I-Tüpfelchen aber nicht etwa der Trüffelschaum, sondern das Tomatenkompott!
Eine wunderbare Leistung des Küchenteams, eine feine glasweise Weinbegleitung, ausgesucht von der kompetenten Sommelière Maria Vizsnyai (je 26,- bzw.- 31,-).
Ein gelungener Abend.
Zur Zeit hält sich das Restaurant mit Gerichten zum Mitnehmen und Flaschenwein-Verkauf aus dem gut gefüllten Weinkeller über Wasser, Flaschenpreis wie auf der Speisekarte, minus 15 Euro.
Nachtrag: Mit der Bekanntgabe der neuen Sterne für Deutschland hat der Guide Michelin das Restaurant Steins Traube am 5. März mit einem Stern ausgezeichnet. Herzlichen Glückwunsch, sehr verdient!
Für den letzten Abend hatte ich mir das mit einem Michelin-Stern ausgezeichnete Ristorante Parizzi ausgesucht.
Giulia, meine Vermieterin mit profunder Kenntnis der Restaurantszene Parmas, sagte: „Ah. Mainstream.“
Mit einem nicht wirklich ermutigendem Unterton, aber nun gut, ich hatte reserviert, also los.
Signora Parizzi begrüßte mich, und ihre durchtrainierte Erscheinung machte den Eindruck, als würde sie nach jedem Bissen vom Essen ihres Mannes sofort in einem Fitnessstudio im Hinterzimmer verschwinden, um diese Kalorien wieder loszuwerden.
Als ausgebildete Sommelière hat sie einen ganz ausgezeichneten Weinkeller aufgebaut, kümmert sich am Gast jedoch nur um die Flaschenweine. Ich als Besteller der glasweisen Weinbegleitung musste also mit dem Service des Kellners vorliebnehmen, welchen dieser jedoch den gesamten Abend über sehr freundlich und fachkundig ausübte
Ich wählte das Menü Terra, statt Mare, nur die Kalbsbrust tauschte ich gegen gebratenen Polpo aus. Fünf Gänge für 75 Euro, recht moderat für einen Einsterner.
Das Amuse, siehe da, eine Pappa al pomodoro, hübsch in Form gebracht.
Beim ersten Gang begegnen wir auch dem Caval pist wieder, dem Tatar aus Pferdefleisch, eine Spur anspruchsvoller angerichtet als in der Osteria Rangon…
Mit Pollen, Curcuma und süßsaurer Zwiebel, köstlich.
Es folgte eine knusprige Waffel, gefüllt mit sautierten Steinpilzen und Fontinakäse. Ganz lecker, wenn auch nicht abschließend überzeugend.
Dann Creste di Coniglio, mit Kaninchen gefüllte Nudeln auf einem Bett aus pürierten Erbsen, fein abgeschmeckt , toller Pasta-Gang.
Nun der gegrillte Polpo mit gedämpftem Gemüse und salsa agropiccante, also sauer-scharfer Sauce. Der Tintenfisch zart, die Sauce stimmig, sehr gut.
Anschließend dreierlei Stücke Parmesan in unterschiedlichen Reifegraden, vom Kellner am Tisch von drei großen Laiben herunter geschnitten, bzw. gebrochen. Wahrlich keine Pinzettenküche, für den einen oder anderen vielleicht etwas zu rustikal, doch die Qualität der Käse war herausragend.
Zu guter Letzt ein klassisches Dessert, eine Zitronen-Basilikum-Creme, zerkrümelter, gesalzener Schokoladenkeks mit Mandelkrokant und ein Olivenöl-Eis. Abwechslungsreiche Mischung aus fruchtigen und dunklen Aromen, mit einem Vin Santo von Antinori serviert, perfekt!
Die „Mainstream“-Bezeichnung war nicht ganz fair, das Essen hatte höchstes Niveau. Ein Körnchen Wahrheit lag doch darin, Marco Parizzi konzentriert sich auf die makellose Zubereitung hochwertiger Zutaten, während im Cortex der wilde Funken des Experiments aufblitzt.
Ich würde aber ganz sicher das Ristorante Parizzi wieder besuchen, und auch Cristina Parizzi war inzwischen aufgetaut und verabschiedete sich herzlich.
Schon der Name der Stadt steht für gastronomische Köstlichkeiten, Parmaschinken, Parmesan, und auch wenn die berühmte Parmigiana (ein Auflauf mit Auberginen, manchmal Zucchini) wahrscheinlich aus Neapel oder Sizilien stammt, bedeutet „alla parmigiana“ doch „auf Parma-Art“. Die Region Emilia-Romagna ist ohnehin verwöhnt mit Spezialitäten wie Mortadella, Aceto balsamico, Culatello etc.
So ist es kein Wunder, dass die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit, Efsa, ihren Sitz in Parma hat. Ebenfalls gibt es ganz in der Nähe die hoch angesehene International School of Italian Cuisine, ALMA, deren erster Rektor Gualtiero Marchesi war, welcher als Begründer der modernen italienischen Küche gilt.
Und die Universität von Parma bietet einen dreijährigen Studiengang in „Scienze Gastronomiche“ an, der alles Wissenswerte rund um Lebensmittel beinhaltet (Gastro-Tourismus, Herstellung, Vertrieb usw.).
Parma beherbergt den größten Pastahersteller der Welt, die Firma Barilla.
Und Mutti, Tomateneindoser und Erfinder der Tomatenmarktube.
Außerdem ist die Stadt italienische Kulturhauptstadt 2020, dieses Event hat allerdings unter den Corona-Einschränkungen leiden müssen.
Genug Gründe also für einen kleinen kulinarischen Abstecher Anfang Oktober, als zwar in Italien in allen öffentlichen Gebäuden Fieber gemessen wurde und Desinfektionsspender allgegenwärtig waren, die Pandemie aber, aus aktueller Sicht, eine kleine Pause einlegte.
Wenn auch das berühmteste Produkt Parmas aus Schweinen hergestellt wird, haben die Parmigiani jedoch noch eine andere Leibspeise, von einem anderen Tier. Diese kurz vor der Wiedereröffnung stehende alte Metzgerei gibt einen dezenten Hinweis darauf, um welches Tier es sich handelt:
Daraus zubereitet wird das Pesto di Cavallo, ein Tatar aus Pferdefleisch, im parmenser Dialekt Caval pist genannt. Und ist tatsächlich auf so ziemlich jeder Speisekarte zu finden.
Hier sehr puristisch serviert in der Osteria Rangon, einem Lokal mit bodenständiger, traditioneller Küche.
Danach noch eine Portion Pasta, die ebenfalls für die Region typischen Tortelli d’erbette, Nudeln gefüllt mit jungem Mangold, Parmesan und Ricotta, serviert mit zerlassener Butter und geriebenem Parmesan, e basta.
Die Osteria war ein Tipp von Giorgia, der bezaubernden Vermieterin meiner nicht minder entzückenden Wohnung, zentral gelegen, geschmackvoll, aber behutsam renoviert. Neues erschaffen, Altes bewahren.
Die Osteria Rangon liegt im Borgo delle Colonne, einer hübschen Straße mit Arkadengängen. Rund um diese Gegend, auf der Rückseite der Kathedrale gelegen, haben sich so einige schöne Bars und Restaurants angesiedelt.
So, denke ich, erklärt sich auch der Name dieser quirligen Bar, Canaglie del Naviglio (nennen wir es freundlich „Schurken“ des Kanals), eine kleine Anspielung auf das berühmte Ausgehviertel Mailands, die Navigli.
Ein weiterer Tipp Giorgias, und zwar ein ganz ausgezeichneter!
Ich bestellte à la carte, denn erfreulicherweise wurden alle Gerichte auch in kleinen Portionen angeboten.
Zur Begrüßung eine Praline aus Kakaobutter mit Baba Ganoush (arabisches Auberginenpüree), Gazpacho und einem Zwiebelöl (Olio di cipolline klingt irgendwie hübscher) mit Basilikum.
Aufregender Start!
Dann eine Portion Parmaschinken, Prosciutto crudo di Sant‘ Ilario, 30 Monate gereift, serviert mit einem Chutney. Einzigartige Qualität ohne Ablenkungen, über das perfekte Alter eines Parmaschinkens sollte ich später noch mehr lernen.
Nun ein pochiertes Ei auf einer Pappa al pomodoro (eine feste Tomatensuppe, siehe Perugia) versteckt unter einer Schicht aus Bàgoss-Käse (ein kräftiger Hartkäse mit Safran(!) vom Lago d’Idro) und Buttermilch, gewürzt mit scharfem Paprikapulver.
Ungewohnte Kombinationen, doch wenn man durch die weiße Buttermilch-Käse-Masse zum tomatigen Grunde vordrang, und alles zusammen auf dem Löffel verzehrte, verstummte jeglicher Zweifel.
Die Stimmung stieg, nicht nur durch den Wein, und das Risotto mit Riso Nero Venere, Gambero crudo, Garnelenpulver, Knoblauchcreme und Salbei markierte den Höhepunkt des Abends.
Farblich nicht besonders schön, auch das Garnelenpulver auf dem Tellerrand als Deko eher irritierend. Geschmacklich aber überzeugend!
Die sanfte Meeresbrise der rohen Garnelen, kombiniert mit den dunklen, erdigen Aromen des schwarzen Reises, der auf den Punkt gegart war (und das ist alles andere als einfach!) verführten mich dazu „das Schühchen zu machen“ (fare la scarpetta – die italienische Redewendung für das begeisterte Aufwischen der Sauce mit Brot).
Statt Dessert noch einen Tatar (diesmal vom Rind) mit Pane carasau (dünnes, knuspriges sardisches Fladenbrot), Sommertrüffeln und gerösteten Haselnüssen.
Hervorragend. Und auch der beste Gang, wenn da nicht diese rohen Garnelen mit schwarzem Reis gewesen wären…
Ein wunderbarer Abend, eine charmante Bedienung und ein vorzügliches Essen.
Preise moderat, tolle Weine.
Im Cortex wird der manchmal etwas zu sehr in der Tradition verhafteten italienischen Küche gekonnt und inspiriert auf die Sprünge geholfen.
Tags darauf ein Ausflug.
Es werden so einige Touren angeboten, um die Produzenten von Parmesan, Culatello di Zibello (auch ein Schinken), Balsamicoessig und der Salame di Felino (keine Angst, diese Wurst ist nicht von der Katze, sondern aus dem Ort namens Felino) zu besichtigen, allein es fehlte die Zeit.
Doch wollte ich Parma nicht verlassen, ohne dem berühmten Schinken und dem Divin Porcello, dem göttlichen Schwein(chen), gehuldigt zu haben!
Also auf nach Langhirano, dem Hauptort der Herstellung. Nur aus dem kleinen Gebiet rund um den Ort, zwischen den Flüssen Enza und Stirone, kommt die gesamte Produktion des Parmaschinkens auf der Welt.
Ich darf an dieser Stelle die blumigen Ausschmückungen des Consorzio di Parma zitieren:
„Hier herrschen klimatische Bedingungen, die ideal sind für das natürliche Lufttrocknen der Schinken. Der Seewind der Versilia streift, nachdem er das Aroma der Pinienwälder aufgenommen hat, gegen die Karstberge der Cisa, verliert dabei seinen salzigen Geschmack und bläst anschließend durch die Kastanienwälder. Die Luft wird trocken und ist ideal für die Reifung des Prosciutto di Parma.“
Um jährlich 9 Millionen Schinken herzustellen braucht es 4,5 Millionen Schweine, und für die Zucht all dieser ist die Gegend zu klein. Die Schweine stammen daher aus ganz Italien, nein, nicht ganz Italien, sondern aus 10 festgelegten Provinzen: Der Emilia-Romagna, Venetien, Lombardei, Piemont, Molise, Umbrien, Toskana, Marken, Abruzzen und Latium.
Die Familie Lanfranchi von der Salumificio La Perla ist einer dieser Produzenten, Tochter Silvia kümmert sich um das Marketing und begrüßte uns zur Führung durch den Betrieb.
Die Schweinekeulen werden mit Salz eingerieben, reinem Meersalz, kein Nitritpökelsalz, keine Farbstoffe, worauf man nicht ohne einen gewissen Stolz hinwies, die Schwarte mit feuchtem, die Muskelteile mit trockenem Salz.
Die Schinken reifen nun in verschiedenen Kühlräumen mit kontrollierter Luftfeuchtigkeit, je nach Alter geht es dann in den nächsten Kühlraum.
Das riecht man.
Der Geruch ist ohnehin atemberaubend, aber tatsächlich riecht es in jedem Raum unterschiedlich, abhängig vom Reifegrad.
Nach 70 Tagen wird das Salz entfernt und die Schinken trocknen an der Luft, Luftstrom und Luftfeuchtigkeit genauestens gesteuert, versteht sich.
Einen weiteren Monat später werden die Muskelpartien mit einer Schutzschicht aus Reismehl, Pfeffer und Schmalz eingerieben, um ein zu schnelles Austrocknen zu verhindern.
Nach mindestens 12 Monaten ist der Schinken dann soweit, und wird mithilfe eines Pferdeknochens auf einwandfreien Geruch überprüft. Pferdeknochen deshalb, weil diese porös sind und der an ihnen haftende Geruch schnell verfliegt, so kann es zügig weiter zum nächsten Schinken gehen (und an Pferdeknochen herrscht kein Mangel, siehe weiter oben).
Schinken mit Fehlern, sei es Geruch, Schimmel oder sonstigem Makel werden kompromisslos aussortiert und verbrannt.
Erst dann wird dem Parmaschinken sein Gütesiegel, die Krone der Herzöge von Parma eingebrannt.
Aus 15 Kilo Anfangsgewicht sind bis dahin etwa zehn geworden.
Zum Abschluss des Besuches gab es (an weit auseinander stehenden Tischen…) noch ein Glas trockenen Malvasia, ein wenig Parmesan und eine Portion 14 Monate alten Schinkens, was auch, nach Silvias Meinung, die perfekte Reifedauer sei. Ältere Schinken wären zwar auch gut, aber halt schon ganz anders im Geschmack. Und jünger als 12 Monate geht ja sowieso nicht. Merke ich mir mal und teste.
Zurück in der Stadt noch ein wenig gebummelt, und nicht ganz zufällig, an der Coltelleria Righi vorbeigekommen. Ein Küchenladen mit dem Schwerpunkt auf hochwertigen Messern (coltello=Messer). Doch fatalerweise lag da noch etwas ganz anderes im Schaufenster:
Ein Steintopf. Hätte dableiben dürfen, wäre ich geflogen. Doch unverhofft klimabewusst bin ich mit dem Zug gereist, und so wurden die Rollen des Koffers einem beachtlichen Materialtest ausgesetzt.
Denn der Topf ist schwer.
Zum Schmoren, Erfahrungsberichte folgen.
Des späteren Abends in die versteckt liegende Jolly Roger Cocktailbar. Versteckt? Ja, das alte Spiel mit der Klingel, um Einlass zu erhalten.
Ein wenig britischer Landhaus-Stil, gemütlich, kompetent und freundlich.
Am letzten Tag umhergestreift, italienische Hemden bei Vitali gekauft, reichlich caffè getrunken und die Seele baumeln lassen.
Am Abend in das besternte Ristorante Parizzi, doch dazu ein eigener Bericht.
Abschließend möchte ich sagen: Parma hat sich von seiner besten Seite gezeigt, und hier ist mit Sicherheit noch so einiges zu entdecken, nicht nur kulinarisch, sondern auch in Kunst und Kultur. Von Dom, Baptisterium, Santa Maria della Steccata, Teatro Regio und all der anderen Belle arti habe ich ja noch gar nicht gesprochen. Wiederkommen ist vorgemerkt.
L’Antica Macelleria di Parma
Via dei Farnese 3C
Osteria Rangon
Borgo delle Colonne 26
Canaglie del Naviglio
Borgo delle Colonne 40B
Cortex Bistrot
Borgo del Correggio 20B
Coltelleria Righi
Strada della Repubblica 106
Jolly Roger Speakeasy
Strada Agli Ospizi Civili 6
Salumificio La Perla
Strada Quinzano Sotto 10, 43013 Langhirano
se po a magn ‘na bocäda,
a sént profumm e savór
che i m’ricordon la gioventù,
cuand la mizérja l’éra la me compagna
e la me ómbra l’era la fama.
Tutt ‘sti ricord i m’én tornè in mént cuand, cuäzi par cäz, a m’són fermè a l’ostaria Rangon, in pjazäl San Loréns. L’é stè un bél momént: fortuné d’ésrogh capité.
Ausschnitt aus dem Gedicht von Umberto Ceci, „’n‘ ostaria“, im Dialekt Parmas.
wenn wenig Essen war, ein Mundvoll nur an hundert Gerüchen und Geschmäckern wie ich erinnere die Jugend, als das Elend war meine Begleiterin und mein Schatten war der Hunger
all dies‘ Erinnerung, die mir sind zurück in Sinn wann nur der Zufall mich einkehren ließ bei der Osteria Rangon, an der Piazza San Lorenz‘. Dies war ein herrlicher Moment: glücklich ist es mir geschehen.
Ein Kapitel der neuen Reihe „Wir retten die regionale Gastronomie im Alleingang“.
Ein weiterer Besuch im Restaurant Ox in Darmstadt, denn beim ersten Mal hat es schon sehr zu gefallen gewusst.
Dies fand natürlich vor dem zweiten, aktuellen Lockdown statt. Eigentlich versuche ich Zweitberichte/Wiederholungen zu vermeiden, doch dieses Jahr ist halt alles anders. Und der Bericht soll Lust machen dort hinzugehen (und in alle anderen Restaurants), wenn es denn wieder möglich ist. Und nein, für diese „Werbung“ bekomme ich nichts, die Betreiber wissen nicht einmal etwas davon.
Man konnte zu Beginn des Abends noch draußen sitzen, im hübschen kleinen Hinterhof.
Das Fünf-Gänge-Menü „pure taste“ sollte es sein, für je 115 Euro, Weinbegleitung je 40 Euro.
Als Gruß aus der Küche gab es von der Bonotte-Kartoffel Scheiben auf Kartoffelschaum mit Feigenstücken, und ein weiteres Amuse mit Alpensaibling, Gewürzfenchel auf Fenchelcreme, Apfel-Gurken-Eis und Mini-Fenchelsalat.
Beeindruckender Start.
Der erste Gang ein herrlich knuspriger Bauch vom Bellota-Schwein, mit verschiedenen Variationen von Kürbis, dazu ein Bagnol rosé.
Zweiter Gang eine Wachtel von Jean Claude Miéral, einem berühmten Geflügelzüchter aus der Bresse, mit Sandkarotten, Chioggia-Rübe und Vogelbeeren. Die Chioggia-Rübe ist eine Variation der Roten Bete, auch Ringelbete genannt.
Ganz ausgezeichnet, die Wachtel zart und saftig. Tolle Riesling Spätlese von der Mittelmosel.
Darauf ein Potpourri von Edelfischen, Wolfsbarsch, Seeteufel, Calamaretti, drei Muschelsorten, mit Misopaste, Kombualge, Krustentiersud und gegrillter Artischocke.
Das Meeresgetier von wunderbarer Qualität, und die Sauce hocharomatisch und würzig. Keine leichte Meeresbrise, sondern eine deutliche Ansage.
Fünf Gänge könnten ausreichend sein, doch à la carte lockte ein wilder Carabinero, eine Tiefseegarnele. Den wollte ich probieren!
Ganz puristisch serviert, und nur knapp gegart, fantastisch.
Zum Hauptgang eine geschmorte Schulter vom Savannenrind mit geflämmtem Mais, Polenta und Weintrauben. Die Savanne liegt in diesem Fall nicht in Afrika, sondern in der spanischen Extremadura (siehe Gazpacho).
Ein sehr guter Ribera del Duero harmonierte hervorragend.
Als Dessert Zwetschge, Ziegenquark, Portwein, Nussbutter und eine Riesling Spätlese vom Weingut Weiser-Künstler, ein perfekter Abschluss.
Die Qualität der Zutaten, das Niveau der Zubereitung und nicht zuletzt die Weinbegleitung wieder einmal erstklassig.
Es würde mich nicht wundern, wenn Anfang März über Darmstadt ein neuer Stern leuchtete.
Nachtrag: Hat ein Jahr länger gedauert, aber mit der Michelin-Ausgabe von 2022 wurde dem Ox ein Stern verliehen. Glückwunsch!
Obwohl ein altes Vorurteil behauptet, das beschauliche Saarland würde in den deutschen Medien nur als Flächenmaß auftauchen („In Südostaustralien wütet ein Waldbrand von der Größe des Saarlands…“), hat es doch kulinarisch einiges zu bieten. Begünstigt durch die Nähe zu Frankreich wird das Genießen groß geschrieben, so auch verinnerlicht im inoffiziellen Landesmotto:
„Hauptsach‘ gudd gess‘. Geschafft hann mir schnell.“
Gute Gründe also für einen Abstecher in die Hauptstadt, nach Saarbrücken.
Studenten dürfen sich im Brutalismus aalen
und laben, die ikonische Mensa von Walter Schrempf und Otto H.Hajek war für mich mit Coronabeschränkungen und ohne Studentenausweis leider nicht zugänglich.
Beim Bummel durch die Innenstadt, bzw. den beiden Ausgehvierteln Sankt Johann und dem Nauwieser Viertel, aufgefallen:
The Broom
Kleiner, aber feiner Laden mit schönem Geschirr.
Reiseck
Verkauft Onigiri. Onigiri sind Reisbällchen, eingewickelt in ein Algenblatt, mit unterschiedlicher Füllung (Fisch, Avocado, Pilze, Gurke etc.). Ursprünglich eine Resteverwertung, haben sich Onigiri zu einem beliebten japanischen Snack und Fast Food entwickelt, ähnlich den sizilianischen Arancini, aber nicht frittiert.
Außerdem ein wenig japanisches Geschirr und Spezialitäten im Angebot. Originär aus Saarbrücken, inzwischen zu einer kleinen Kette mit drei weiteren Filialen in Trier, Frankfurt und Aachen angewachsen.
Spanischer Weinladen mit Delikatessen. Freundliche Inhaber, mit der Möglichkeit auch ein Glas zu trinken, Tapas auf Vorbestellung.
Im Sommer genießen die Saarbrücker den Biergarten Am Staden und die Wiesen am Saarufer.
Ach ja, und ein modernes Museum, die Moderne Galerie, deren Erweiterungsbau für einigen Wirbel gesorgt hat. Auszüge aus der diesbezüglichen Debatte im Landtag sind auf dem Boden vor dem Museum verewigt.
Schöne Sammlung mit Gemälden und Skulpturen des 20. Jahrhunderts, Beckmann, Kirchner, Picasso, Archipenko.
Patron Jens Jakob hat nach verschiedenen Stationen in der Gastronomie, unter anderem bei Klaus Erfort, mit dem eigenen Restaurant „Le Noir“ in Saarbrücken zwei Michelin-Sterne erkocht.
Doch der Erfolg bei den Kritikern bleibt ohne wirtschaftlichen Erfolg, und so muss er das Restaurant nach knapp 10 Jahren schließen. Auch ein Neustart unter anderem Namen „Jens Jakob Das Restaurant“ scheitert, worüber er auch ganz offen spricht.
So schnell aber gibt der Mann nicht auf, und seit Ende 2018 betreibt er das „Le Comptoir“ in der Försterstraße, zu deutsch: die Theke. Und ebendiese ist auch der Blickfang in der geschmackvoll renovierten ehemaligen Bäckerei, außer den Sitzplätzen dort gibt es nur noch vier Tische. Und auch das Personal ist reduziert, statt früher 39 Angestellten sind es im Le Comptoir nur noch drei, die Köche David Christian und Peter Wirbel, beide früher auch im Le Noir tätig, und Jens Jakob selbst.
Serviert wird über die Theke, das ist gemütlich und entspannt, und Jakob erklärt jeden Gang kompetent und detailliert.
Fünf Gänge zu 74 Euro, Weinbegleitung 38 Euro.
Als Gruß aus der Küche ein Tatar mit Senf und Pumpernickel, dazu ein Buttermilch-Shot mit Charentais-Melone, obenauf scharf gewürzte Mandelblättchen. Das ließ sich gut an.
Der erste Gang ein Baumkuchen mit Entenstopfleber, serviert mit einem Pfirsich-Lavendel-Kompott, dazu ein Eis von der Stopfleber, welches mit demi-glace, Glukose und Sahne zubereitet sehr angenehm und gar nicht mächtig war (was man bei dem Gedanken an ein Lebereis durchaus vermuten könnte).
Hier sah man das erlernte Handwerk aufblitzen, der Baumkuchen perfekt, und ein optional angebotener Roumieux 2016 bestätigte die Erfahrung, dass Stopfleber und Sauternes ein kongeniales Duo sind.
Danach folgte, serviert mit den Worten “Warum nicht mal ein Hamburger?“, ein ebensolcher mit dem Fleisch von der Königskrabbe, Coleslaw, Koriander und einer prima Mango-Mayonnaise.
Guter Saar-Riesling von Claudia Loch aus Schoben dazu. Der Gang hat mich dennoch nicht so angesprochen wie der vorherige, und mir stellte sich die naheliegende Frage „Warum eigentlich ein Hamburger?“.
Die hausgemachten Gnocchi mit einer Burratacreme und Minze auf einem herrlich intensiven Tomatensugo mit Knoblauch versöhnten mich aber ganz schnell wieder.
Als Hauptgang ein Müritzlamm mit gebackener Chorizo, zweierlei Bohne und Aprikose. Serviert mit beachtlicher Fettschicht, aber die Fleischqualität war so hervorragend, und das Fett so butterzart, dass gar nicht genug davon daran sein konnte.
Zum Dessert eingelegte Kirschen, eine gute Waffel mit Vanillesauce und ein Kirsch-Joghurt-Eis.
Nicht überkandidelt, aber sehr stimmig, dazu ein sehr guter Dessertwein aus dem Roussillon, ein Maury von 2013.
Eine Küche auf hohem Niveau in relaxter Atmosphäre, gutes Konzept.
Noch einen Gute-Nacht-Trunk im Terminus genommen, ein Zufallsfund. Französisches Flair mit abwechslungsreicher Bistrotküche und kauzigem Inhaber, dafür aber eine bezaubernde Mademoiselle Charmante im Service. Ein beliebter Treffpunkt mit häufigen Konzertveranstaltungen.
Zur Zeit halt leider nicht bzw. nur draußen. Kostenloses Auto-, Motorrad- und Quad-Posing vor den Außensitzplätzen inbegriffen.
Gin Tonic für 3,90… Ja ok, mit Gordon’s. Aber für 3,90 bekommt man in Frankfurt gerade mal das Tonic Water zum Gin, und der kostet dann weitere 10 – 12 Euro…
Zum Schluss noch ein Fundstück zum Thema angewandte Lyrik:
Die Kneipe „Zum Elefanten“.
„Komm rein! Geh einen rüsseln“ – das ist schon einen Asbach Uralt wert!