Liebe Briten, nun ist es soweit. Der Scheidungsprozess war ein wenig anstrengend, doch wenigstens unterhaltsam. Ihr seid eurem Stil treu geblieben, und ein volles Potpourri an Kuriositäten und Merkwürdigkeiten abgefeuert, auch eure politische Landschaft ist nun einmal geprägt von dem, was mit dem wunderschönen Wort „Spleen“ zusammengefasst wird.
Doch mir gefällt diese Art, ich mag euren Humor, eure Höflichkeit, ich mag eine „stiff upper lip“, ich mag eure Country houses und stately homes, auch wenn ein Großteil derer Bewohner zu den Brexit-Befürwortern zählen dürfte, oder letztere sich inzwischen häufig im Besitz von russischen oder saudischen Oligarchen befinden.
Hier singt übrigens Lord Edward John Barrington Douglas-Scott-Montagu, 3rd Baron Montagu of Beaulieu (*1), in seinem Heim aus dem 13. Jahrhundert, Beaulieu Palace House in Hampshire (aus der BBC-Dokumentation The Aristocracy – Survival of the Fittest).
Was aber verbinden wir Kontinentaleuropäer mit englischer/britischer Kulinarik?
Nun, der Begriff ist nicht wirklich positiv besetzt, auch wenn in den Restaurants und Pubs Großbritanniens heutzutage sehr gut gekocht wird, bleibt in den Köpfen das Bild von Minced Meat, mushed pies und fried Mars bars.
Und Erbsen vom Rücken der Gabel gegessen.
Doch es gibt auch Gutes aus der britischen Küche, nicht zuletzt der Sandwich, Porridge, Cornish Pasty, der Sunday roast, die englische Tea time mit Scones und Gurkensandwiches und Fish & Chips! Ein großartiges Gericht, wenn gut gemacht.
Doch der Inbegriff einer britischen Mahlzeit beginnt für mich schon morgens: The good old English Breakfast.
In einem wunderschönen Bed & Breakfast im beschaulichen Icklesham, Sussex wurde mir dereinst eines der Besten serviert. Mit frischen Kirschtomaten, tollem Bacon und Blackpudding vom Butcher aus Winchelsea, jeden Morgen eine andere Eizubereitung (pochiert, wachsweich gekocht und gespiegelt), free range versteht sich.
Keine baked beans.
Auf die Frage, warum denn nicht, gab der Landlord empört zur Antwort: „Aber die kommen doch aus der Dose!“ (siehe „stiff upper lip“).
Schöner Kontrast übrigens zu einem weit weniger schönen Hotel in Sevenoaks, Kent, wo des morgens doch tatsächlich eine Dosentomate als Bestandteil des English Breakfast gereicht wurde…
Aber nun los, man nehme für 2 Personen:
Full English bzw. Full Monty (*2)
2 grobe Bratwürste
1 kleine dunkle Blutwurst
2 Scheiben Bacon
8 Kirschtomaten oder 2 normale Tomaten
2 Eier
2 große Champignons
1 Dose (!) Baked Beans
2 Scheiben Toastbrot
Butter
Die Tomaten halbieren, die Blutwurst pellen und in daumendicke Scheiben schneiden. Die Pilze bei Bedarf putzen, den Stiel entfernen. Tomaten, Pilze und die Bratwürste mit Öl bepinseln und auf ein Backblech im auf etwa 180 Grad vorgeheizten Ofen geben. Fünf Minuten später die Blutwurst und den Bacon dazulegen. Nach weiteren 5 – 10 Minuten aus dem Ofen nehmen.
Währenddessen die Bohnen warmmachen, nach Belieben mit Salz, Pfeffer und Worcestersauce nachwürzen. Die Eier je nach Tageswunsch zubereiten. Die Toastscheiben in einer Pfanne mit ordentlich Butter auf jeder Seite 2 Minuten sanft anbraten. Herausnehmen und in Dreiecke (wichtig!) halbieren.
Mit großem Appetit servieren!
Anmerkung: Der britische Blackpudding, eine Blutwurstvariante mit Gerstengrütze, ist hierzulande quasi nicht zu finden. Eine dunkle, bzw. „alte“ Blutwurst ist zwar etwas weicher, eignet sich aber gut als Ersatz.
Englischer Bacon wiederum ist aus einem ganz anderen Cut (dem Rücken) als unser Bauchspeck (streaky bacon). Ich suche immer noch nach einer verlässlichen Quelle, wer eine kennt, bitte melden!
*1
Der einen entscheidenden Einfluß auf die Abschaffung des britischen Homosexualitäts-Paragraphen im Jahre 1967 hatte. Und über seine Bisexualität während der Studienjahre in Oxford schrieb:
„und es war erleichternd herauszufinden, dass ich nicht die einzige Person war, die mit einer solchen Situation konfrontiert war.“
„My attraction to both sexes neither changed nor diminished at university and it was comforting to find that I was not the only person faced with such a predicament. I agonised less than my contemporaries, for I was reconciled to my bisexuality, but I was still nervous about being exposed.“
Hier am Tage der Hochzeit mit seiner zweiten Frau Fiona im Jahre 1974:
Foto von Allan Warren, Lizenz CC BY-SA 3.0
*2
nach dem britischen Feldmarschall Bernard Montgomery, der während des Afrikafeldzuges im Zweiten Weltkrieg jeden Tag ein üppiges englisches Frühstück verzehrte.