Fuh Kin Great by Tim Raue

Inzwischen ist die Außen- und teilweise die Innengastronomie wieder geöffnet, vor Kurzem aber war es an der Zeit, nach intensiver Unterstützung der örtlichen Restaurants und Pizzerien, sich etwas Besonderes zu gönnen. Zahlreiche Spitzenrestaurants haben während des Lockdowns kreative Ideen gehabt und komplette Menüs zur Selbstabholung oder zum Verschicken angeboten.

Einer der ersten unter ihnen war Tim Raue, früher manchmal etwas ruppig in der Küche, sagen wir wie Klaus Kinski bei den Dreharbeiten zu Fitzcarraldo, mittlerweile aber ein erfahrener Medienprofi.

Sein zum Versand angebotenes Menü nennt er Fuh Kin Great und spielt sowohl im Namen, als auch in den Gerichten mit den asiatischen Einflüssen, für die er bekannt ist.

Dieses Menü war von der sogenannten Nikkei-Küche inspiriert, entstanden aus den kulinarischen Einflüssen Japans und Perus. Die ersten japanischen Einwanderer kamen 1899 nach Peru und heute befindet sich dort die zweitgrößte japanischstämmige Bevölkerungsgruppe in Südamerika. Mit Alberto Fujimoro wurde ein Kind dieser Gruppe, ein sogenannter nisei, Staatspräsident Perus, worauf man sehr Stolz war. Das schwächte sich allerdings nach der desaströsen Amtszeit Fujimoros, von Korruptionsskandalen überschattet, merklich ab.

Genug der Politik, zum Essen:

Fuh Kin Great Nikkei Menü:

Dorade Tiradito, Basilikum & Limette

Garnelenceviche, Passionsfrucht & Mango

Spanferkel Barbacoa, Mais-Relish, Süsskartoffel & Koriander Crème fraîche

Dulce de Leche, Papaya & Joghurt

Die Dorade war roh, als Sashimi, nur leicht angeflämmt.

Dazu eine Sauce aus Basilikum, Limette und Sojasauce, ein Topinambur-Püree und ein herrlich frisches Limettengel.

Dorade Tiradito

Die Ceviche von den rohen Garnelen köstlich, nur durch die Säure der Passionsfrucht gegart, dazu Mangostückchen, süßlich eingelegte rote Zwiebeln und ein überraschend gut harmonierendes Karottenpüree.

Garnelenceviche

Spanferkel Barbacoa, Mais Relish,Süßkartoffel & Koriander Crème fraîche

Ok, zum dritten Mal Püree, liegt an der einfachen Regenerierung im Wasserbad, der Gedanke an Babykost blieb aber in weiter Ferne. Mariniertes Spanferkel butterzart, gegart in Bananenblättern, mit einer dunklen, ausgezeichneten Barbecuesauce – hervorragend!

Zum Abschluss Dulce de Leche, Papaya und Joghurt – beschrieben als „Kalorienbombe aus der Zuckerhölle“.
War aber gar nicht so schlimm, sondern ein sehr gutes Dessert, das gefrorene Joghurt-Granitè brachte die nötige Frische mit.

Wie zwar nicht anders zu erwarten von Tim Raue, und dennoch bemerkenswert, denn daran sind schon einige Kollegen von ihm gescheitert, waren die Gerichte gut verständlich erklärt und einfach zu erwärmen (genau betrachtet wurden drei Gänge kalt serviert).
Ebenfalls sehr präzise waren die Hinweise zum Anrichten.

Dazu gab es optional eine Weinbegleitung, in handlichen Flaschen zu je 0,1 Liter, zusammengestellt von Weltklasse-Sommelier André Macionga, der mir ja schon bei meinem Besuch 2018 sehr positiv aufgefallen war. Und auch diesmal enttäuschte seine Auswahl nicht: ein grüner Veltliner von C.Strobl aus Wagram, seine eigene Cuvée Nr.7 (Silvaner, Weissburgunder, Müller-Thurgau), zusammen mit Horst Sauer aus Franken produziert, ein Côtes-du-Rhône vom Château St. Cosme und ein Süßwein ohne Botritis, der Jurançon Clos Uroulat der Domaine Charles Hours.

Leider ein Haufen Verpackung, am besten selber recyceln. In der Styroporkiste überwintert der Oleander, die Kühlbeutel dürfen mit zum nächsten Picknick.

Vier Gänge für 68 Euro pro Person

Weinbegleitung (4 x 0,1l) für 48 Euro

Versand (per Express) 34 Euro

Restaurant Tim Raue, Berlin

Mittagsmenü, jeweils 4 Gänge. Es war ein furchtbar heißer Tag, deswegen erschien ich eher leger angezogen und war leicht besorgt, ob vielleicht doch zu casual für ein Zwei-Sterne-Restaurant. Unbegründeterweise, denn der Berliner Dresscode für solche Gelegenheiten scheint aus kurzer Hose, T-Shirt und Turnschuhen zu bestehen, zumindest mittags.

Nach dem Gruß aus der Küche (also mehrere, die ich jedoch nicht mehr alle zusammen bekomme: Gurke mit Knoblauch, exzellente hauchdünne Schweinebauchscheiben, Cashewkerne mit Curry etc.) folgten Makrele mit Shiso und Ponzu, und Kopfsalat mit Mitsuba und Yuzu. Mitsuba ist ein japanisches Kraut.

Ponzu ist eine klassische japanische Sauce aus Sojasauce, Essig, Mirin und Zitrussaft, hier vermutlich Yuzu. Und noch irgendein Raue-Trick, denn das war ausgesprochen Umami. Die Makrele kaltgeräuchert und leicht angegart – perfekt.

Der Kopfsalat war genau dieses, allerdings mit einem sehr guten, leicht säuerlichem Dressing. Trotzdem nicht ganz mein Geschmack, aber ich hatte es ja auch nicht bestellt.

Als zweiter Gang Dim Sum in Hühnerbrühe mit Jakobsmuschel und Bambuspilz, und Kalb mit Erbse und 10 Jahre gereifter Kamebishi-Sojasauce.

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