Für den letzten Abend hatte ich mir das mit einem Michelin-Stern ausgezeichnete Ristorante Parizzi ausgesucht.
Giulia, meine Vermieterin mit profunder Kenntnis der Restaurantszene Parmas, sagte: „Ah. Mainstream.“
Mit einem nicht wirklich ermutigendem Unterton, aber nun gut, ich hatte reserviert, also los.
Signora Parizzi begrüßte mich, und ihre durchtrainierte Erscheinung machte den Eindruck, als würde sie nach jedem Bissen vom Essen ihres Mannes sofort in einem Fitnessstudio im Hinterzimmer verschwinden, um diese Kalorien wieder loszuwerden.
Als ausgebildete Sommelière hat sie einen ganz ausgezeichneten Weinkeller aufgebaut, kümmert sich am Gast jedoch nur um die Flaschenweine. Ich als Besteller der glasweisen Weinbegleitung musste also mit dem Service des Kellners vorliebnehmen, welchen dieser jedoch den gesamten Abend über sehr freundlich und fachkundig ausübte
Ich wählte das Menü Terra, statt Mare, nur die Kalbsbrust tauschte ich gegen gebratenen Polpo aus. Fünf Gänge für 75 Euro, recht moderat für einen Einsterner.
Das Amuse, siehe da, eine Pappa al pomodoro, hübsch in Form gebracht.
Beim ersten Gang begegnen wir auch dem Caval pist wieder, dem Tatar aus Pferdefleisch, eine Spur anspruchsvoller angerichtet als in der Osteria Rangon…
Mit Pollen, Curcuma und süßsaurer Zwiebel, köstlich.
Es folgte eine knusprige Waffel, gefüllt mit sautierten Steinpilzen und Fontinakäse. Ganz lecker, wenn auch nicht abschließend überzeugend.
Dann Creste di Coniglio, mit Kaninchen gefüllte Nudeln auf einem Bett aus pürierten Erbsen, fein abgeschmeckt , toller Pasta-Gang.
Nun der gegrillte Polpo mit gedämpftem Gemüse und salsa agropiccante, also sauer-scharfer Sauce. Der Tintenfisch zart, die Sauce stimmig, sehr gut.
Anschließend dreierlei Stücke Parmesan in unterschiedlichen Reifegraden, vom Kellner am Tisch von drei großen Laiben herunter geschnitten, bzw. gebrochen. Wahrlich keine Pinzettenküche, für den einen oder anderen vielleicht etwas zu rustikal, doch die Qualität der Käse war herausragend.
Zu guter Letzt ein klassisches Dessert, eine Zitronen-Basilikum-Creme, zerkrümelter, gesalzener Schokoladenkeks mit Mandelkrokant und ein Olivenöl-Eis. Abwechslungsreiche Mischung aus fruchtigen und dunklen Aromen, mit einem Vin Santo von Antinori serviert, perfekt!
Die „Mainstream“-Bezeichnung war nicht ganz fair, das Essen hatte höchstes Niveau. Ein Körnchen Wahrheit lag doch darin, Marco Parizzi konzentriert sich auf die makellose Zubereitung hochwertiger Zutaten, während im Cortex der wilde Funken des Experiments aufblitzt.
Ich würde aber ganz sicher das Ristorante Parizzi wieder besuchen, und auch Cristina Parizzi war inzwischen aufgetaut und verabschiedete sich herzlich.